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Ist die Blockchain-Technologie die Antwort auf das Lieferkettengesetz?

Weltweit lässt sich über die vergangenen zehn Jahre beobachten, dass die Lieferketten von Unternehmen immer stärker durchleuchtet werden. Besonders genau werden dabei Materialbeschaffung und Arbeitsbedingungen unter die Lupe genommen. Mit der Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, kurz Lieferkettengesetz, im Juni 2021 setzt die Bundesregierung einen ersten Meilenstein und reagiert auf den wachsenden Druck der Öffentlichkeit auf Unternehmen, Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihren Lieferketten strenger zu überwachen und zu beseitigen. In der Praxis werden viele Unternehmen sich jedoch schwertun, die verlangte Transparenz ohne Effizienzverluste zu gewährleisten und die neuen Vorschriften operativ umzusetzen. Die Blockchain-Technologie bietet eine vielversprechende Lösung, um den neuen Verfahren und Pflichten in Bezug auf das Lieferketten-Reporting gerecht zu werden, hilft sie doch dabei, Transparenz und Sicherheit zu gewährleisten, entsprechende Prozesse zu automatisieren und die Kommunikation mit Aufsichtsbehörden und Partnern zu verbessern.

In diesem Blog erfahren Sie mehr über das Lieferkettengesetz und den Mehrwert, den Blockchains in der Lieferkette bieten können.

Welche Pflichten für Unternehmen bringt das neue Gesetz mit sich?

Das Lieferkettengesetz, das mitunter auch als Sorgfaltspflichtengesetz bezeichnet wird, soll die Transparenz von Lieferketten gewährleisten. Ziel ist es, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu verhindern. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Kommen Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nicht rechtzeitig nach, drohen ihnen rechtliche und finanzielle Konsequenzen und Negativschlagzeilen.

Zur Einhaltung der Gesetzesvorschriften müssen Unternehmen folgende Pflichten erfüllen:

  • Dokumentation der Zulieferer innerhalb ihrer Lieferkette und Auswahl der Zulieferer nach festgelegten Nachhaltigkeitskriterien;
  • Einrichtung eines unkomplizierten Beschwerdeverfahrens;
  • Abgabe einer von der Unternehmensleitung erstellten Grundsatzerklärung über die Menschenrechtsstrategie mit Angaben zu den Risiken, dem Risikomanagementansatz und den menschenrechtsbezogenen Erwartungen;
  • Bewertung und Dokumentation von Änderungen innerhalb der Lieferkette auf Basis einer Risikoanalyse;
  • Verankerung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten.

Zu Beginn gilt das Gesetz nur für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Ab 2024 wird dieser Schwellenwert auf 1.000 Mitarbeiter herabgesetzt. In der Stellungnahme der Bundesregierung heißt es, dass das Gesetz in Deutschland letztlich rund 2.800 Unternehmen betreffen wird.

Wie lässt sich mithilfe der Blockchain-Technologie Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeit und Sicherheit von Lieferketten gewährleisten?

Lieferketten stellen ein komplexes Ökosystem dar, das in jeder Phase auf Daten angewiesen ist. Um von der Materialbeschaffung bis zur Auslieferung an den Endkunden schlankere Prozesse zu ermöglichen, sind zahlreiche Stacks notwendig, die mitunter durch manuelle Dateneingaben ergänzt werden. Die Blockchain-Technologie bietet alle Voraussetzungen, um die Effizienz dieser komplexen mehrstufigen Prozesse zu verbessern.

In einer Blockchain werden Daten mittels einer Hash-Funktion verschlüsselt, mit einem Zeitstempel versehen und in Blöcken gespeichert, die dann miteinander verknüpft werden. Die Datenblöcke werden anhand der in einem dezentralen Netzwerk erfassten und gespeicherten Transaktionen laufend aktualisiert. Dieses Netzwerk besteht wiederum aus mehreren Knoten (Nodes), auf die die Arbeitslast verteilt ist. Die Integrität der erfassten Transaktionen wird dadurch gewährleistet, dass jeder Knoten innerhalb des Netzwerks über eine Kopie der entsprechenden Daten verfügt und es somit nicht möglich ist, nachträglich Änderungen an Daten vorzunehmen (Unveränderlichkeit). Die teilnehmenden Einheiten innerhalb des Netzwerks sind alle miteinander verknüpft. Dieses Konzept wird als Peer-to-Peer-Netzwerk (P2P) bezeichnet.

Bekanntheit erlangte die Blockchain-Technologie erstmals im Zusammenhang mit Kryptowährungen. Mit Aufkommen dieser Technologie begann auch der Siegeszug von Kryptowährungen, die zu den vielfältigen digitalen Vermögenswerten zählen. Viele prophezeiten, dass es sich hierbei nur um ein nicht lange währendes Strohfeuer handele, doch schon bald machte eine neue Einsatzmöglichkeit der Blockchain-Technologie von sich reden: Smart Contracts. Bei diesen Verträgen werden Transaktionen über Blockchain-Codes automatisch ausgeführt, wenn bestimmte vordefinierte Bedingungen erfüllt sind. Der Eintritt einer Vertragsbedingung löst direkt den nächsten Schritt aus. So werden Standardprozesse und -aufgaben automatisiert und die freigewordenen Ressourcen können sinnvoller genutzt werden. Smart Contracts bieten ungeahnte Möglichkeiten zur Verschlankung von Geschäfts- und Verwaltungsprozessen bei großen Unternehmen und im privaten Sektor.

Die Kombination dieser beiden Anwendungsbereiche – digitale Vermögenswerte und Smart Contracts – mit anderen Teilebenen des Blockchain-Ökosystems schafft die Grundvoraussetzungen für eine deutliche Rationalisierung der Lieferkette.

Track &Trace dank Blockchain

Die Blockchain-Technologie bietet zahlreiche Möglichkeiten für mehr Transparenz und Sicherheit in der Lieferkette und erleichtert somit auch die Umsetzung und Einhaltung von diesbezüglichen Rechtsvorschriften.

Bekannte Anwendungsbeispiele der Track &Trace-Funktion sind Logistik und Materialherkunft. Unter Track & Trace versteht man die digitale Rückverfolgbarkeit eines Produkts bis zum Anfang der Lieferkette. Die so gewonnene Transparenz nutzt Unternehmen und Kunden gleichermaßen und hilft dabei nachzuweisen, dass die Pflichten in Bezug auf Nachhaltigkeit und ethische Arbeitsbedingungen sowie die Vorgaben des Lieferkettengesetzes eingehalten werden.

Blockchaingestütztes Identitätsmanagement

Eine wichtige Rolle spielt die Blockchain-Technologie als Mittel zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes auch beim Identitätsmanagement. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen zur Überprüfung und Dokumentation aller an der Lieferkette beteiligten Parteien.

Die Aufnahme neuer Lieferanten und Rückverfolgung des Lebenszyklus der Lieferanten lässt sich über eine Blockchain organisieren. Da Lieferanten ihre Daten nur einmal übermitteln müssen und im Netzwerk dokumentiert wird, welche Lieferanten vertrauenswürdig sind, wird das Onboarding-Verfahren massiv beschleunigt.

P2P-Plattenformen zum Datenaustausch in der Lieferkette

Ein entscheidender Vorteil für die Lieferkette ist auch, dass die Blockchain-Technologie die Kommunikation über ein Peer-to-Peer-Netzwerk ermöglicht. Alle Benutzer innerhalb des P2P-Netzwerks haben Zugriff auf Zertifikate, Lizenzrechte und Verträge und können Informationen, digitale Waren und Dienstleistungen direkt miteinander austauschen.

Dies schafft Transparenz und höhere Sicherheit und trägt dazu bei, dass die Vorgaben des Lieferkettengesetzes erfüllt werden. Potenzial besteht auch in der Ersatzteillogistik, im Direktkauf bei Lieferanten und in der automatisierten Kalkulation freier Lkw- oder Schiffskapazitäten. Denkbar ist außerdem eine blockchainbasierte Plattform für den Austausch zwischen an Außenhandelsfinanzierungen beteiligten Parteien. Die Blockchain-Technologie verspricht also neben der Prozessautomatisierung auch eine Vereinfachung der Kommunikation innerhalb der Lieferkette.

Fazit

Die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie in der Geschäftswelt, der Wirtschaft, der Gesellschaft und im Handel sind schier grenzenlos und bieten enormes Potenzial. Bei Anwendung in der Lieferkette lässt sich durch diese dezentrale und sichere Datentechnologie erreichen, dass Benutzer teilautomatisiert direkt miteinander kommunizieren können, wichtige Informationen, Transaktionen und Produktwege zentral gespeichert werden und so die Unveränderbarkeit der Daten und Transparenz gewährleistet wird. Für Unternehmen verspricht dies langfristig deutlich höhere Effizienz und größere Erfolge bei der Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen des Lieferkettengesetzes.

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